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Von Sicherheit und Hundefreilauf

Letzte Woche habe ich eine Abendveranstaltung im historischen Delfshaven besucht. Delfshaven ist der westlichste Punkt der Stadt, welcher noch von Touristen besucht wird. Der alte Hafen ist einer der wenigen Orte in Rotterdam, der erhalten blieb und nicht durch den Krieg zerstört wurde.

Willem, ein Sozialarbeiter des Viertels empfahl mir die Veranstaltung. Es ging um die Zukunft des "Abrikoos", ein ehemaliges Restaurant, dass nun von der Gemeinde aufgekauft wurde. Ziel der Veranstaltung war es, über Möglichkeiten einer neuen Nutzung zu brainstormen.

In einem kleinen Gemeinschaftsraum nahe des "Abrikoos" fanden sich die Interessierten ein, das Lokal so voll, dass mehr als die Hälfte der Gekommenen stehen musste. Schon nach den ersten zwei Begrüssungssätzen wurde der Redner lauthals von einem "Stadsmarinier" (Sicherheit) unterbrochen und ich fragte mich, auf was ich mich da eingelassen habe. Die Gemeinde habe das Abrikoos unter der Hand gekauft, es sei unter dem Marktpreis verkauft geworden und es seien noch "te koop" (zu verkaufen) Plakate im Fenster gehangen als das Gebäude schon längst verkauft gewesen sei. (Später stellt sich heraus, dass gerade dieser Herr die Plakate selbst aufgehängt hatte.)

Die Gemeinde – vertreten durch einen Herrn der Stadtentwicklung – erläuterte ihren Plan, dass historische Gebäude abzureissen. So entsteht ein Zwischengang vom touristischen Delfshaven in das "Problemviertel" Bosspolder–Tussendijk, welches gleich hinter der historischen Häuserwand befindet. Die Hoffnung wäre dabei, dass sich dann Touristen auch mal nach BoTu verirren und das Quartier vielleicht irgendwann aufgewertet werden sollte.

Nach der Einführung wurden weitere Zweifel hervorgebracht: Der Raum sei gefüllt mit weissen Menschen, nur vier Farbige seien im Raum anwesend, dies sei falsch in einem Quartier mit 80% Ausländeranteil (Applaus). Man entschied sich das Brainstorming zu verschieben; weil aber alle gekommen waren liess man den Abend weiterlaufen.

Es wird nach Ideen gefragt was mit dem Abrikoos geschehen kann, man ist sich in allem uneinig, soll das Gebäude abgerissen werden, soll ein Durchgang entstehen oder doch ein neues Gebäude mit einer modernen Foodhalle drin? Immer wieder sprechen die gleichen, der Mann von den Stadsmarinier scheint besonders unzufrieden, der Durchgang sei zu gefährlich, hinzu gesellt sich eine Dame, die über die Sauberkeit im Quartier besorgt ist, am Ende beklagt sich eine weitere Frau über zu wenig Hundefreilauf.

Ich frage mich ob das Verschieben des Abends noch einen Wert hat? Interessiert das die 80% die heute nicht erschienen sind?

Es scheint, dass das Abrikoos als Auspuff für die Probleme im Quartier genutzt wird. Doch viel mehr ist es dieser Abend eine Metapher für Fragen die man sich stellen sollte: Wer trifft die Entscheidungen? Welche Interessen sind vertreten? Was verändert sich?

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